GALANGAL MISSING

Kochkurs Thai für Anfänger

Martin Amanshauser spürt dem Rätsel nach, was das Yam aus der Tom-Yam-Kung eigentlich bedeutet.

Kochkurs mit Somkid Chakornwongpaisit. Der Mann ist Executive Sous-Chef im Lebua Hotel in Bangkoks Süden. Viele Thais tragen ja ein „porn“ im Namen, was immer Stoff für bösartige Witze darstellt, doch bei Herrn Chakornwongpaisit ist es – ich lese mehrmals sein Namensschildchen, wenn er sich nur ruhig halten würde! – tatsächlich ein „korn“.

12 Schülerinnen und Schüler sollen sich auf 7 Kochplätze aufteilen, möglichst immer ein Mann mit einer Frau. Das kann sich nicht ausgehen, und ich kriege auch 25 Jahre nach meinem Tanzkurs wieder keine Frau ab! Die wählen instinktiv jene Männer über 50, die Sicherheit ausstrahlen und sich bereits brav die weiße Schürze umgebunden haben.

Bin eh froh. Zu zweit kochen ist ja schrecklich! Neben meiner Kochplatte stehen bereits die Zutaten für einen Pomelosalat mit Garnelen, „Yam Som O“. Letzteres heißt nicht Null, sondern Oh. Keine herkömmliche, sondern eine Thai-Pomelo, was Nachkochen in Europa wohl verhindert. Ich frage einen Küchenboy, was das O bedeutet. Er sagt: „Som-O heißt Pomelo. Yam ist der Rest.“

Unsere Thai-Pomelos sind vorgeschnitten, so dass wir sie nur noch mit den perfekt in Schälchen portionierten Zutaten – also dem Yam – vermischen müssen: Erdnüsse, Schalotten, Karotten, Palmzucker, Kokosnussraspel, Tamarindenpaste, Zitronensaft, Fischsauce, Chili. Herr Chakornwongpaisit führt das Dünsten der Garnelen in Salzwasser vor, während ihn die Schürzenpärchen in einem Halbkreis umringen und an seinen Lippen hängen.

Ich koche lieber gleich. Ich mixe alles zusammen (nehme aber vom gelben Palmzucker nur ein Drittel, weil asiatische Salate immer so verzuckert sind), lasse es aufkochen. Mein Salat ist nicht lange nach dem von Herrn Chakornwongpaisit fertig. „You want to be the first!“, ist seine gutmütige Diagnose beim ersten Rundgang. Er kostet meinen Salat und verzieht den Mund: “Not sweet enough! Can I add sugar?“ Gerne, Chef.

Zweiter Gang: die Tom-Yam-Kung-Suppe. 2 Garnelen sind das „Kung“. Der Küchenboy hat sie vorgeschält, damit ich mir die Finger beim Kochen nicht schmutzig mache! Die anderen Zutaten sind wieder vorportioniert – Kochfehler ausgeschlossen!

Während die Schürzenpärchen andächtig lauschen, versuche ich erneut, gleichzeitig mit Herrn Chakornwongpaisit zu kochen. Die Reihenfolge ist logisch: Ich erhitze die klare Suppenbrühe und füge die halbierten Pilze, die Chilipaste (nur die Hälfte des Angebotenen), die Limettenblätter, die Frühlingszwiebel, den Koriander, die Fischsauce, den Honig, das Lemongrass und den Zitronensaft – also das Yam – hinzu. Jetzt steht da noch ein Schüsselchen mit einem merkwürdigen Gewächs, das bitter und seifig schmeckt. Ich frage den Küchenboy, was das ist. „Galangal“, sagt er mit großer Selbstverständlichkeit. Wie bitte? Er sieht mich überrascht an, als würde das jeder kennen: „Galangal!“ Du weißt auch nicht, was Germ ist!, denke ich.

Ich stelle das (oder den) Galangal, das wie Knoblauchpulver riecht, auf den Nebentisch, zum kaum verwendeten Honig und dem Chilipasten-Rest. Herr Chakornwongpaisit soll diesmal nicht beim ersten Blick bemerken, dass ich auf das Süße vergessen habe. Meine Tom-Yam-Kung köchelt schon, als die Schürzenpärchen beginnen. Sie haben Fragen: Die Fischsauce zuerst? Den Honig ganz am Anfang? „Ist doch egal!“, grinse ich unartig, unthaiartig in mich hinein.

Beim Küchenboy erkundige ich mich, was die ersten zwei Silben Tom und Yam bedeuten. Tom nennt man Suppen, die keine Nudelsupe sind. Und Yam? „Das ist der Rest!“ Er deutet auf die vielen Schälchen, den Saucen-Mix. Diesmal bin ich sogar vor Herrn Chakornwongpaisit fertig. Der lächelt gutmütig: „You see it as competition!“ Dann der große Moment: Er kostet. Mein Boykott des Süßen fällt ihm diesmal nicht auf, aber er kriegt ganz kugelrunde Augen: „Very good! But Galangal missing!“

Galangal, Kalgan, Galangawurzel oder Galgant ist Teil der meisten Thaipasten, ein auch als „Thai-Ingwer“ bekanntes Gewürz.

Hotel Lebua at State Tower, 1055 Silom Road, Bangrak, Bangkok 10500, www.lebua.com